Quickborn unter Höchstspannung
  "Zeit"-Artikel Elektrosmog
 
Artikel  „Elektrosmog -  Der unsichtbare Feind“   (Die Zeit vom 22.8.1

Untertitel: „ Millionen Menschen fürchten sich vor der Strahlung von Handys, Computern und Starkstromleitungen.  Zu Recht?“

 Drei ganze Seiten widmet  „Die Zeit“ diesem Thema. Genügend Platz, um zu diesem sehr kontrovers diskutiertem Thema ausgewogene sachliche Hintergrundinformationen zu bringen, insbesondere dazu, warum dieses Thema so kontrovers diskutiert wird. Und was macht die Zeit daraus?

Statt über wissenschaftliche Fakten zu berichten wird ein Kontext von Geschäftemacherei und Scharlatanerie geschaffen,  der Artikel ist voll von falschen  oder irreführenden Informationen,  u.a.  durch einseitige tendenziöse Formulierungen, teils durch Weglassen wesentlicher zugehöriger Informationen. Selbst die Position der zuständigen obersten Fachbehörde, des Bundesamts für Strahlenschutz , wird  nicht einmal erwähnt. Sie wäre allerdings auch im Gegensatz zum Tenor der Ausage dieses Artikels gewesen.

Dieser Artikel ist kein Ruhmesblatt für „Die Zeit“. 

Um einige Niveaus besser ist der Artikel vom 3.8.12 in den „VDI nachrichten“ ( der renommierten Wochenzeitung mit hohem Verbreitungsgrad bei technischen Führungskräften):  „Gesucht : Vorsorge-prinzip bei Hochspannungsleitungen“.


Eine Analyse dieses Artikels „Elektrosmog -  Der unsichtbare Feind“   (Die Zeit“ vom 22.8.13)


Von den 3 Seiten des Artikels berichten fast 30 % des Textes über Profitmacher aus der Angst vor Elektrosmog, Scharlatane etc. .

20% handeln von sehr seltenen medizinischen Extremfällen, Überempfindlichen, Hypochondern oder ganz  offensichtlich unqualifizierten Zuordnungen eigener Krankheiten zur elektromagnetischen Strahlung. Bezeichnend ist zudem dazu das halbseitige Foto, das ein vogelscheuchenähnliches Wesen in einem Schutzanzug aus Silberfäden zeigt:  ein Foto das dem Leser in Erinnerung bleibt - als der typische Kritiker von zu hohen elektromagnetischen Feldern im Wohnumfeld?

In  8% des Textes werden stereotyp die Unsicherheit des Kenntnisstandes betont, pauschal Risiken heruntergespielt oder Zweifel gesät ohne Substantielles zur Problematik zu berichten.

6% des Textes betreffen zwar sachliche technische Informationen oder Basiswissen zu elektromagnetischen Feldern, aber ohne jeden Bezug zu gesundheitlichen Wirkungen.

Mindestens 5% des Textes enthalten falsche Informationen oder irreführende Informationen durch einseitige tendenziöse Formulierungen oder durch Weglassen wesentlicher zugehöriger Informationen.

3% wird allein dafür benutzt, pauschale Stimmungsmache gegen das Vorsorgeprinzip zu machen - allein durch Zitieren eines speziellen Einzelbeispiels.

3% wird ebenfalls allein für die Herausstellung der Person und der Meinungen von Alexander Lerchl (Zitat: „ein streitlustiger Strahlenbiologe von der (privaten) Jacobs University in Bremen“) benutzt.

 Nicht ein einziger wissenschaftlicher Vertreter der entgegengesetzten wissenschaftlichen Position wird zitiert, z.B.  Professoren für Onkologie, für molekularbiologische Signalprozesse oder Leiter von staatlichen Instituten für Umweltmedizin.

Stattdessen wird ein Laie zitiert, der „nach Elektrosmog gegoogelt“ hat.

Völig unverständlich ist, dass die Position der zuständigen obersten Fachbehörde, des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS),  nicht einmal erwähnt wird. Laut BfS sind unterhalb der Grenzwerte gesetzlich verankerte (!) Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, um mögliche Gesundheitsrisiken zu minimieren (siehe auch unten).

 Wesentliche kritische Punkte, die eigentlich ein großer Anreiz für kritischen Journalismus sein sollten, werden gar nicht angesprochen. Davon seien hier nur zwei angesprochen:

Auf der genannten Tagung des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages im Februar im Rahmen der Neufassung der „Elektrosmog-Verordnung“ (26. BImSchV) warnte nicht nur  (wie im Artikel erwähnt) ein Referent des BUND „vor genetischen Schäden an Zellen“, sondern es wurden sechs Sachverständige angehört. Danach empfahl der Ausschuss mit 18 Stimmen gegen die 16 Stimmen der Opposition, in der Neufassung eine Verschärfung der Bestimmungen abzulehnen. Begründet wurde das von einem Vertreter der Regierungsparteien wie folgt (Zitat):  „Wie die Sachverständigenanhörung …  gezeigt habe, seien gesundheitlich negative Auswirkungen durch die Grenzwerte der vorliegenden 26. BImSchV ausgeschlossen. Dies habe insbesondere auch der Sachverständige vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bestätigt.“  

Das ist – laut Protokoll - das Gegenteil der tatsächlichen Aussagen der Sachverständigen!  Keiner von ihnen hat gesundheitlich negative Auswirkungen ausgeschlossen, sondern drei Sachverständige haben drastisch niedrigere Grenz- bzw. Vorsorgewerte oder Mindestabstände gefordert. Der erwähnte Sachverständige vom BfS hat ebenfalls keineswegs gesundheitlich negative Auswirkungen ausgeschlossen, sondern nur konstatiert, dass die wissenschaftliche Befundlage nicht stark genug sei, um einen Kausalzusammenhang zu belegen, aber ausreichend, um eine Besorgnis zu „begründen“(!) .  Außerdem rate das BfS mit Blick auf bestehende Bewertungsunsicherheiten zur Vorsorge. Beim Stromausbau könne zum Beispiel eine Minderung der Exposition durch Abstand zwischen Stromleitung und Wohnbebauung erreicht werden.  

Auf Basis dieser falschen Empfehlung des Vertreters der Regierungsparteien hat der Bundestag eine Verschärfung der Bestimmungen abgelehnt. 

Ein zweiter kritischer Punkt wäre z.B.  die Rolle der Strahlenschutzkommission (SSK),  ein temporäres Beratergremium, das vom zuständigen Mnisterium nach jeweiliger Interessenlage zusammengestellt wird.  Diese Einflussnahme und deren mögliche praktische Wirkungen auf rechtliche Folgen werden von Juristen durchaus kritisch gesehen. Unabhängig davon ist jede Evidenzbewertung (wie auch die im Artikel zitierte) von der jeweils verwendeten Bewertungsmethodik abhängig, die breiten Raum für subjektive Einschätzungen bietet. Der für die Laien unter den Lesern (die Mehrzahl) bestehende Eindruck einer objektiven wissenschaftlichen Findung ist falsch. Besonders interessant im Rahmen des hier behandelten Themas wäre gewesen, dass die SSK zur Bewertung epidemiologischer Ergebnisse eine Position einnimmt, die im Gegensatz steht zu den Positionen anderer wissenschaftlicher Organisationen, selbst auch offizieller Institutionen wie der IARC ( International Agency for Research on Cancer (Institut der Weltgesundheitsorganisation), der EPA  (U.S. Environmental Protection Agency) und der Generaldirektion „Gesundheit & Verbraucher“ der Europäischen Kommission.



 

 
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